Eingeladen hatte die französische Umweltorganisation Bloom. Aktueller Anlass: In den kommenden Wochen berät das Europäische Parlament erneut über die Ausweitung des Verbots für Tiefsee-Fischerei.
Ein Großteil der weltweiten Fischbestände ist überfischt oder bis an die Tragfähigkeitsgrenze genutzt. Auf der Suche nach neuen Fanggründen dringen daher Fischereiflotten zunehmend in die Tiefsee vor. In Tiefen bis zu 2000 Metern werden riesige Grundschleppnetze ausgebracht, die das empfindliche Ökosystem bestenfalls aus dem Gleichgewicht bringen, in der Regel aber unwiederbringlich zerstören. Über die Zielarten Schwarzer Degenfisch, Blauleng und Grenadierfisch ist kaum etwas bekannt. Internationale Fischereiexperten und europäische Abgeordnete setzen sich nun für ein grundsätzliches Verbot der Tiefsee-Fischerei ein, um dem Ökosystem und den Fischbeständen der Tiefsee eine Überlebenschance zu gewähren.
In den Küstenregionen pflanzen sich viele Fischarten dank eines reichlichen Nahrungsangebotes schnell und massenhaft fort. Dadurch sichern sie ihr Überleben. Die meisten bekannten Fischarten der Tiefsee dagegen wachsen langsam, werden spät geschlechtsreif und zeugen nur wenige Nachkommen. Kommerzielle Fischerei in der Tiefsee trägt daher dazu bei, dass besonders die langsam wachsenden Arten schnell dezimiert werden. Darüber hinaus werden sensible Lebensräume wie Korallenriffe durch den Einsatz von schweren Netzen, die über den Meeresboden gezogen werden, zerstört.
„Die Tiefsee ist auch heute noch ein wenig bekannter und faszinierender Lebensraum. In den empfindlichen Ökosystemen an Kaltwasserkorallenriffen oder an Seebergen leben Fischarten, die eine starke Befischung nicht kompensieren können. Noch ist nicht ausreichend verstanden, wie Fischbestände in der Tiefsee Kälte, Dunkelheit und das Fehlen von Futter meistern. Was wir aber wissen ist, dass einige Populationen an Seebergen durch wenige Fangfahrten nahezu ausgerottet wurden“, sagt der Fischereiexperte Dr. Rainer Froese vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
„Die Tiefseefischerei kann auch in einigen Fällen ökonomisch weniger sinnvoll sein. Die Preise von Tiefseefischen bewegen sich in einer ähnlichen Größenordnung wie die anderer Fische, z.B. Kabeljau, wohingegen die Kosten teilweise wesentlich höher liegen können“, ergänzt Dr. Jörn Schmidt vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Universität Kiel. „ Das macht diese Fischereien dann weniger profitabel.“
Beide Wissenschaftler forschen im Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ gemeinsam mit einem fächerübergreifenden Expertenteam zum Thema nachhaltiges Fischereimanagement. Wie können die Ressourcen aus dem Ozean nachhaltig genutzt werden? Wie sehen Fischereimanagement-Konzepte der Zukunft aus? Das sind nur einige Fragen, an denen Wissenschaftler aus den Bereichen Fischereibiologie und Volkswirtschaft gemeinsam mit Ozeanographen, Juristen und Küstenforschern arbeiten. Im Mittelpunkt stehen Modelle und Analysen, die sowohl wirtschaftliche als auch biologische Aspekte berücksichtigen und die Interaktion mehrerer Arten und die Veränderungen im gesamten Ökosystem mit einbeziehen.
Links
www.futureocean.org
www.geomar.de
Kontakt
Dr. Rainer Froese, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Telefon: 0431 600-4579
rfroese@geomar.de
Dr. Jörn Schmidt, Institut für Volkswirtschaftslehre, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Telefon +49 (0) 431-880-5632
jschmidt@economics.uni-kiel.de
Friederike Balzereit, Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“, Öffentlichkeitsarbeit, Telefon: 0431 880-3032
fbalzereit@uv.uni-kiel.de
…
Presse-Material
Granatbarsche leben in der Tiefsee häufig über Seebergen. Sie werden mit Grundschleppnetzen gefangen und sind weltweit stark überfischt.
Foto: Claire Nouvian