13. Dezember 2016 Ein Flugroboter für die Meeresforschung



Ozean der Zukunft nutzt Drohne für Spurengasmessungen über Brandungszonen

Küsten mit starken Brandungen stellen die Meereswissenschaften vor erhebliche Herausforderungen. Für große Forschungsschiffe ist das Wasser meist zu flach, von kleinen Booten aus sind empfindliche Messgeräte kaum einsetzbar. Dabei spielen sich in diesen Bereichen viele Prozesse ab, die auch für den gesamten Ozean von Bedeutung sind.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel nutzen ab sofort eine speziell ausgerüstete Flugdrohne, um in Brandungszonen präzise den Austausch von klimarelevanten Spurengasen zwischen Meer und Atmosphäre zu messen. Die zuständige Luftfahrtbehörde Schleswig-Holsteins erteilte jetzt die offizielle Aufstiegsgenehmigung für das Gerät.

 

Zuvor mussten die beteiligten Forscherinnen und Forscher ein umfangreiches Trainingsprogramm absolvieren. „Das Gerät wiegt neun Kilogramm und hat einen Durchmesser von eineinhalb Metern. Normalerweise wird dieses Modell von professionellen Filmemachern eingesetzt. Es handelt sich also nicht um ein kleines Spielzeug, das man ohne Übung fliegen darf", erklärt die Meereschemikerin Dr. Birgit Quack vom GEOMAR.

Zusätzlich zum Eigengewicht kann die Drohne sechs Kilogramm Ausrüstung mit in die Luft nehmen. „Zurzeit haben wir sie mit Sensoren ausgestattet, die meteorologische Größen wie Lufttemperatur, Luftdruck und Luftfeuchte sowie einige Spurengase messen. Damit haben wir die Nutzlast aber noch nicht komplett ausgenutzt, so dass wir die Ausstattung je nach Fragestellung weiter anpassen können", erklärt Prof. Dr. Christa Marandino vom GEOMAR, die auf die Untersuchung mariner Spurengase spezialisiert ist. Die Drohne wurde im Rahmen des vom Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft" finanzierten Projekts LASSO (Lagrangian study of marine trace gas Air-Sea exchange over the Ocean - Lagrangesche Studie zum Austausch von Spurengasen über dem Ozean) gekauft und für die Forschung ausgerüstet.

Zu den Spurengasen, die für die Forschung interessant sind, gehören nicht nur der lebensnotwendige Sauerstoff oder das Treibhausgas Kohlendioxid, sondern auch viele Stoffe, die in der Atmosphäre chemisch aktiv sind. Bekannt sind zum Beispiel Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die die vor schädlichen UV-Strahlen schützende Ozonschicht schädigen können. „Sie sind mittlerweile zwar international verboten, jedoch aufgrund ihrer chemischen Stabilität noch immer in der Luft enthalten", betont Dr. Quack. Von dort gelangen sie auch in die Meere. Andererseits ist der Ozean die Hauptquelle für viele Spurengase, die in die Atmosphäre gelangen. Dazu gehören besonders reaktionsfreudige organische Verbindungen, die in ihren Molekülen Sauerstoff, Schwefel und Halogene enthalten. Schwefel und Halogene sind zum Beispiel an der Bildung von Aerosolen (Schwebeteilchen in der Luft) und an der Zerstörung von Ozon in unterschiedlichen Höhenschichten der Atmosphäre beteiligt.

Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass in Küstennähe die Konzentrationen vieler mariner Spurenstoffe mit unbekannter Herkunft ansteigen. Unklar ist, ob die Verbindungen in hohen Konzentrationen im Küstengewässer vorkommen, in der Brandungszone besonders stark emittiert werden oder durch Quellen an den Küsten gebildet werden. „Es gibt bisher kaum Kenntnisse über den Austausch der Verbindungen zwischen Luft und Meerwasser an der Küste. Treffen marine und terrestrische Luftmassen an der Küste aufeinander, entstehen besondere Bedingungen, die bis jetzt nur unzureichend untersucht und verstanden sind", sagt Christa Marandino. Das soll die neue Drohne nun ändern. „Mit ihr haben wir zum ersten Mal die Möglichkeit, Proben aus diesem unzugänglichen Gebiet in kurzen Zeitabständen zu nehmen und eine Vielzahl von Spurenstoffen darin zu messen", ergänzt Birgit Quack.

Links:
www.futureocean.org Der Exzelenzcluster "Ozean der Zukunft"