10. Januar 2016 Frauen in der Spitzenforschung – Gleichstellung in der Exzellenzinitiative



Der Abschlussbericht im Forschungsprojekt "Frauen in Spitzenforschung. Eine Untersuchung der Umsetzung der Gleichstellung in der deutschen Exzellenzinitiative" von Anita Engels und ihrem Team der Universität Hamburg wurde Ende 2015 veröffentlicht. Ausgangspunkt für ihr Projekt war die gut dokumentierte Tatsache, dass Frauen mit geringerer Wahrscheinlichkeit hohe Positionen in der Wissenschaft erhalten als Männer.

 

Der geringe Prozentsatz an Frauen – vor allem in Führungspositionen – und die begrenzte Anzahl an geplanten Maßnahmen mehr Forscherinnen zu involvieren, sind zwei Aspekte die vom Internationalem Überprüfungsausschuss als erhebliche Probleme der frühen Exzellenzinitiative erkannt wurden.

Das Projekt-Team von Anita Engels hat eine Umfrage mit der Mehrheit des Exzellenzclusters und den Graduiertenschulen durchgeführt, die in der ersten Runde der Exzellenzinitiative erfolgreich waren. Manche hatten auch an einer ausführlichen Studie teilgenommen, darunter Ozean der Zukunft. In dem folgenden Interview, fasst Anita Engels die wesentlichen Projektergebnisse zusammen und schaut in eine Zukunft in der deutsche Universitäten eine Kultur der Gleichstellung etabliert haben.

Was sind Ihrer Studie zufolge die Hauptauswirkungen der Exzellenzinitiative auf die Gleichstellung in der Spitzenforschung?
Der externe Druck, Gleichstellung ernster zu nehmen, hat zu einer größeren Sichtbarkeit und Legitimität dieses Themas in internen Universitätsprozessen geführt. Viele Exzellenz-Institutionen haben mit innovativen Maßnahmen experimentiert und Erfahrung in diesem Feld gesammelt. Insgesamt, haben wir eine Professionalisierung der Gleichstellung als neue Aufgabe für das Management beobachtet. Die sichtbarste Auswirkung ist der eindrucksvolle Anstieg von Wissenschaftlerinnen unter sogenannten Hauptuntersuchungsleitern: ihr Anteil hat sich mit 11% zu 21% zwischen 2006 und 2011 fast verdoppelt. Dies ist jedoch in vielen wissenschaftlichen Disziplinen weit entfernt von einer kritischen Masse, und ich sehe das Risiko, dass wir diese Zahlen ohne kontinuierlichen externen und internen Druck in der nächsten Runde wieder fallen sehen werden. Eine andere wichtige Auswirkung war eine intensivierte Debatte über die generelle Arbeitskultur und die problematischen Aspekte einer wissenschaftlichen Karrierelaufbahn im deutschen Hochschulsystem.

Ihre Studie hat gezeigt, dass viele Wissenschaftlerinnen nicht für Macht und sichtlich hochrangige Positionen in der Wissenschaft kämpfen wollen. Haben Sie Anregungen wie man diese Tendenz überwinden könnte, die eine Veränderung der Repräsentation und die Gestaltungs- bzw. Einflußmöglichkeiten der Art und Weise wie Wissenschaft und Management ausgeführt wird, verhindert?
Ich würde nicht sagen, dass diese jungen Frauen nicht für Macht kämpfen wollen, aber viele bevorzugen auf sicherem Grund zu bleiben, in dem sie sich nur mit forschungsbezogenen Fragen beschäftigen. Wir haben in unserem Buch gezeigt, dass Management in der Wissenschaft nicht genderneutral ist, und dass, Machtkämpfe oft männliche Interaktionsweisen beinhalten. Positive und starke Persönlichkeitsmerkmale werden oft mit Männlichkeit assoziiert. Training, Förderung und Mentoring können wahrscheinlich bis zu einem gewissen Maße helfen. Die tiefverwurzelten kulturellen Strukturen können jedoch nicht einfach durch ein paar technische Maßnahmen verändert werden. Der wichtigste Weg diese Situation zu überwinden, ist mehr Frauen in Führungspositionen zu haben. Wir haben in vielen Fällen gesehen, dass externer Druck zu einer Situation führt, in der es Auswahlkomitees nicht nur plötzlich gelingt exzellente Kandidatinnen zu finden, sondern sie auch einzustellen. Es ist viel zu früh, um sich zurück zu lehnen und zufrieden auf die wenigen Veränderungen zu schauen, die in den letzten zehn Jahren der Exzellenzintiative erreicht wurden.

Wie sehen Sie aufgrund ihrer Ergebnisse die Universität der Zukunft, welche gleiche Chancen für Frauen und Männer in der Wissenschaft implementiert?
Es gibt nicht nur einen Prototyp der Universität der Zukunft, welcher sich in Bezug auf gleiche Chancen hervortun würde. Es wird wichtig sein, dass jede Universität – vertreten durch seine Führungskräfte und den Fakultätsdekanen und Institutsleiter – von einer realistischen Analyse seiner eigenen Gleichstellungsituation ausgeht. In welchen wissenschaftlichen Feldern verlassen Frauen die wissenschaftliche Karrierelaufbahn, und in welchem Karrierestadium verlieren sie sich typischerweise hier an unserer Universität? Was sind die Hauptgründe, warum Frauen die Universität in überproportionalen Raten verlassen? Was hat die Universität bisher angeboten, um dies zu ändern, und wie wurden die vorhandenen Maßnahmen evaluiert? Viele Faktoren können sehr spezielle Rahmenbedingungen schaffen, um die Gleichstellung zu verbessern: Die interne Zusammensetzung der Fachbereiche, die vorherrschende Arbeitskultur, die Verfügbarkeit von Ressourcen oder die Lage der Universität, sowohl in geographischen und in Bezug auf die Bedingungen die von den verschiedenen Bundesländern angeboten werden. Darüber hinaus, können auch verfügbare Netzwerke mit nahegelegenen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Institutionen eine Rolle in der Schaffung von gleichen Chancen für Männer und Frauen in der Wissenschaft spielen.

Kontakt:

Ruth Kamm, E-Mail: rkamm@gb.uni-kiel.de