Ungewöhnlicher Flaggenschmuck am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel: Während die politische Lage im Nahen Osten weiter angespannt ist, wehten am Kieler Ostufer die israelische und die palästinensische Flagge einträchtig nebeneinander im kalten Winterwind. Am Freitag trafen sich Wissenschaftler aus Israel und Palästina mit Kollegen aus Deutschland in Kiel, um Vertretern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die Ergebnisse des gemeinsamen Forschungsprojektes TRION zu präsentieren. Seit 2010 beschreiten die Teilnehmer einerseits wissenschaftlich innovative Wege in der Rekonstruktion des Metalltransportes von Land ins Rote Meer bis hin zum Einbau der Metallionen in Korallenskelette. Andererseits leisten sie einen Beitrag zur Völkerverständigung. Heute fand nach dem Ende der ersten Projektphase eine Evaluierung durch die DFG statt, die TRION mit insgesamt 700.000 Euro finanziert. „Noch sind lange nicht alle Ergebnisse der ersten Phase publiziert. Doch wir konnten schon viele neue Erkenntnisse über den Spurenmetalltransport in den Korallen gewinnen“, sagt Projektkoordinator Professor Dr. Anton Eisenhauer vom GEOMAR.
Korallen benötigen Spurenmetalle zum Aufbau des filigranen Korallenskelettes. Um die Metalle, oder zunächst Metallionen, in den richtigen Mengen und zum richtigen Zeitpunkt aufzunehmen, haben die Korallen eine komplexe Physiologie entwickelt. „Die wollen wir entschlüsseln, um zu verstehen, wie Korallen zum Beispiel mit der Ozeanversauererung umgehen. Darüber hinaus können wir dabei auch lernen, wie man Kalziumkarbonat mit minimalem Energieaufwand herstellt“, erklärt Professor Eisenhauer. Die Informationen über den Metalltransport sind in den Korallenskeletten gespeichert. „Man muss nur die richtigen Methoden anwenden, um diese Informationen wieder auszulesen“, sagt der Kieler Spezialist für Isotopenanalytik. Zusammen mit israelischen und palästinensischen Kollegen haben die GEOMAR-Forscher ein ganz neues Verfahren zur Isotopenmessung entwickelt, das im Rahmen von TRION erstmals an Korallen des Roten Meeres angewendet wurde. „Es ermöglicht sogar die Metallflüsse über die Zellstruktur hinweg bis zum Ort der Kalzifikation auf zellularem Level zu verfolgen“, betont Eisenhauer.
Bei der ungewöhnlichen Zusammensetzung der Projektpartner verfolgte TRION von Anfang an auch eine vertrauensbildende Komponente. „Wir wollten in unserem Möglichkeiten einen Beitrag zum Friedensprozess in dieser unruhigen Region leisten“, sagt Eisenhauer. In einer Kombination von Lehre und Forschung haben deutsche, israelische und palästinensische Wissenschaftler, Doktoranden und Studenten zusammengearbeitet. Dazu gehörten unter anderem Lehrveranstaltungen in Kiel im Rahmen der Integrated School of Ocean Sciences (ISOS) des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“. Zusätzlich haben deutsche und palästinensische Studenten und Wissenschaftler einige Zeit in Israel und umgekehrt verbracht. „Wir haben so ein Netzwerk geschaffen, in dem trotz der politischen Probleme vertrauensvoll geforscht werden kann. Die Wissenschaft bietet eine gemeinsame Plattform, mit der wir auch einen kleinen Beitrag zur Völkerverständigung leisten können“, resümiert Prof. Eisenhauer zuversichtlich.
Nach der erfolgreichen Evaluierung geht das Projekt nun in eine zweite Phase bis 2015. „Wissenschaftlich gibt es noch viele Fragen zu klären. In den kommenden Jahren wollen wir vor allem Laborstudien und Feldkampagnen durchführen und die gewonnen Daten vergleichen, so dass wir den Kalzifikationsprozess der Korallen noch besser verstehen lernen. Außerdem ist gerade in der aktuell angespannten Situation Vertrauensbildung nötiger denn je“, sagt Eisenhauer.
TRION-Partner:
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
AlQuds University, AQU, palästinensische Autonomiegebiete
Geological Survey of Israel, GSI, Israel
The Hebrew University of Jerusalem, HUJI, Israel
Graz University of Technology, TU Graz, Österreich
Links:
www.ozean-der-zukunft.de Der Kieler Exzellenzcluster Ozean der Zukunft
www.geomar.de/go/trion Das Projekt TRION
www.alquds.edu/en AlQuds University, AQU, palästinensische Autonomiegebiete
www.gsi.gov.il/eng Geological Survey of Israel
www.huji.ac.il/huji/eng/index_e.htm The Hebrew University of Jerusalem, HUJI, Israel
www.tugraz.at Die TU Graz
Kontakt:
Prof Dr. Anton Eisenhauer (GEOMAR, FB2-Marine Geosysteme),
aeisenhauer@geomar.de
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811,
jsteffen@geomar.de
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