26. Februar 2014 Empfindliches Ökosystem seltener Seevögel



GEOMAR-Forscherin analysiert Nahrungsnetz der Australseeschwalbe

Die Australseeschwalbe gehört zu den seltensten Seevögeln überhaupt. Um sie zu erhalten, gilt es nicht nur, ihre Brutstätten zu schützen, sondern auch ihre Nahrungsgründe. Diese wurden jetzt erstmals von einem internationalen Expertenteam eingehend erforscht. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, wo und wovon sich die Seeschwalbe Sternula nereis davisae ernährt. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Bird Conservation International veröffentlicht.

 

Es gibt über 10.500 Vogelarten weltweit. Davon zählen rund 275 Arten zu den sogenannten Seevögeln. Mit nur noch acht bekannten Brutpaaren ist die in Neuseeland brütende Australseeschwalbe Sternula nereis davisae einer der seltensten Vögel. Ein solches Tier passt locker in eine Hand und wiegt circa 60 Gramm. Damit gehört die Seeschwalbe auch zu den kleinsten und grazilsten Seevögeln. Um die gefährdeten Vögel besser schützen zu können, wollen Wissenschaftler mehr über die Lebensweise dieser seltenen Tiere herausfinden. Von zentraler Bedeutung ist dabei unter anderem ihre Ernährung. Prof. Dr. Stefanie Ismar vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel hat sich zusammen mit Kollegen aus Neuseeland mit dem Nahrungsnetz der Australseeschwalben beschäftigt. Eine erste fundierte Übersicht veröffentlichten die Forscher jetzt in der Fachzeitschrift Bird Conservation International.

Prof. Ismar und ihre Kollegin Karen Baird von der neuseeländischen Royal Forest and Bird Protection Society arbeiteten während der Brutsaison von Oktober 2010 bis März 2011 im wichtigsten Brutgebiet der Australseeschwalbe, in Mangawhai Harbour, nördlich von Auckland. Dort haben sie mit ihrem Team die Tiere bei der Nahrungssuche beobachtet. „Für uns war es zunächst das Wichtigste zu schauen, wo die Vögel ihre Nahrung sammeln, um diese anschließend untersuchen zu können“, sagt die Biologin Ismar.

Waren die Nahrungsgründe erst einmal identifiziert, konnten die Forscher auch die bevorzugte Beute genauer untersuchen: hauptsächlich Grundeln und kleine Plattfische. Auch Garnelen sind eine weitere, potentiell wichtige Nahrungsquelle. Anhand von chemisch-physikalischen Untersuchungen verglichen die Forscher dann die Fische mit den Federn einiger Vögel.  Stefanie Ismar erklärt: „Zunächst haben wir die Beute der Seeschwalben auf ihre Stickstoff- und Kohlenstoffisotopzusammensetzung hin untersucht“. Ermittelt man den Anteil der stabilen Stickstoff- und Kohlenstoffisotopen in der Beute, kann man die Ergebnisse hinterher mit den Anteilen der gleichen Isotope im Vogel untersuchen. „Dafür eignen sich Federn besonders gut, weil sie in Verbindung mit Beringung durch das Department of Conservation gesammelt werden können, ohne die Vögel allzu sehr zu stören und weil sie widerspiegeln, wovon sich der Vogel ernährt“, so Ismar. So konnten die Forscher auf die Nahrung der Tiere rückschließen.

Die Analyse hat gezeigt, zu welchen Anteilen die Vögel welche Fische fressen. Das ist wichtig zu wissen: „Die Brutstätten der Australseeschwalbe werden bereits geschützt, und das muss auch mit den Nahrungsgründen geschehen. Besonders nahrungsreich und häufig aufgesucht waren in unserer Studie Bereiche des Aestuars, deren Ufer mangrovenbewachsen waren. Mangawhai Harbour ist auch für Touristen ein beliebtes Plätzchen. Verändert sich dort das Ökosystem, ist die Seeschwalben-Population in Gefahr“, so Ismar. „Zum Glück gibt es einen sehr großen Rückhalt in der neuseeländischen Öffentlichkeit. Viele freiwillige Helfer unterstützen dort den Schutz der Tiere durch das Department of Conservation und Forest and Bird.“

Prof. Stefanie Ismar fasst zusammen: „Wir haben interessante neue Erkenntnisse zur Ökologie und dem Nahrungsgrundlage von Sternula nereis davisae bekommen. So können wir die Art besser schützen und erhalten. Außerdem haben wir so auch Hinweise auf den Schutz anderer Arten und die komplexen Interaktionen in einem empfindlichen Ökosystem erlangt.“

Originalarbeit:
Ismar, S. M. H., T. Trnski, T. Beauchamp, S. J. Bury, D. Wilson, R. Kannemeyer, M. Bellingham, K. Baird (2014): Foraging ecology and choice of feeding habitat in the New Zealand Fairy Tern Sternula nereis davisae, Bird Conservation International, dx.doi.org/10.1017/S0959270913000312

Kontakt:

Prof. Dr. Stefanie Ismar (GEOMAR, FB3-Experimentelle Ökologie, Nahrungsnetze)
sismar@geomar.de

Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811
jsteffen@geomar.de