Sauerstoffproduzent, Wetterküche, Klimamotor – der Ozean nimmt viele auch für Landbewohner entscheidende Funktionen auf unserem Planeten wahr. Doch trotz ihrer Bedeutung für uns Menschen ist es schwer, all diese Prozesse zu überwachen. Denn die Fläche der Weltmeere ist gewaltig, die Zahl der Forschungsschiffe ist – auch international – begrenzt. Deshalb nutzen Meeresforscher immer stärker autonome Messplattformen, die unabhängig von Schiffen teils monatelang im Ozean arbeiten können und währenddessen Daten per Satellit an die Heimatinstitute schicken. Neben fest verankerten und frei treibenden Sonden sind dies vor allem sogenannte Gleiter (englisch: Glider). Durch kleine Änderungen ihres Auf- und Abtriebs im Wasser können sie sich gezielt fortbewegen. Diese äußerst energieeffiziente Technik erlaubt es den Gleitern über mehrere Monate Messdaten gezielt auch in entlegensten Regionen der Ozeane sammeln.
Obwohl sich mittlerweile verschiedene Glider-Technologien in der Meeresforschung etabliert haben, ist der Einsatz dieser Geräte immer noch eine technische Herausforderung. Diese Woche treffen sich 60 Forscher und Techniker aus 16 Ländern am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel zur 6. EGO (Everyone's Gliding Observatories)-Konferenz. „Ziel ist es, Erfahrungen auszutauschen und neueste Entwicklungen vorzustellen“, erklärt der Ozeanograph Dr. Johannes Karstensen vom GEOMAR, der als Gastgeber der Konferenz fungiert.
Das Treffen in Kiel ist gleichzeitig der Abschluss des von der EU-finanzierten Projekts „COST Action ES0904“. Es diente dazu, die Betreiber von ozeanographischen Gleitern in Europa besser zu vernetzen und wissenschaftlichen Nachwuchs in diesem Bereich besser zu schulen. „Insgesamt 16 Länder in Europa sowie internationale Partner aus Südafrika, Mexiko und Australien haben sich hier zusammengetan, um die Nutzung der Glidertechnologie im Dienste der Meeresforschung zu verbessern “, sagt Dr. Karstensen.
Zu den Themen, die während der Konferenz in Kiel besprochen werden, gehören zum Beispiel neue Entwicklungen bei der Steuerung und Navigation der Glider, Datenverarbeitung und Qualitätskontrolle, sowie die Möglichkeiten der Nutzung von Gliderdaten im Verbund mit anderen Messplattformen wie Schiffen und Satelliten zur umfassenden Vermessung des Ozean.
„Die Kieler Meeresforschung gehört schon seit der Jahrtausendwende zu den Pionieren beim Einsatz von Gleitern. Heute betreibt das GEOMAR eine der größten Gleiterflotten Europas“, erklärt Dr. Karstensen. Die vom GEOMAR eingesetzten Geräte pendeln zwischen der Wasseroberfläche und 1000 Meter Tiefe hin und her. Dabei bewegen sie sich mit etwa halber Fußgängergeschwindigkeit vorwärts. „Das genügt, um sie steuern zu können“, erklärt Dr. Karstensen. Auf ihrem Zick-Zack-Unterwasserflug messen sie die Temperatur, den Salzgehalt, die Sauerstoffkonzentration, die Chlorophyllkonzentration und andere wichtige Grunddaten, die Auskunft über physikalische, chemische und biologische Prozesse im Ozean geben. Die Kieler Forscher nutzen diese Fähigkeiten zum Beispiel, um Ozeanströmungen, Wirbel verschiedener Größen oder auch Sauerstoffminimumzonen zu vermessen.
„Früher mussten Forscher wochenlang auf Daten warten, bis Schiffe von Messkampagnen zurückkehrten. Heute erhalten wir viele Daten aus den Meeren in Echtzeit über Satellit. Trotzdem gibt es immer noch riesige Ozeangebiete, die kaum beobachtet werden. Fortschritte in der Gleitertechnologie können helfen, diese Wissenslücken zu schließen“, betont Dr. Karstensen.
Kontakt:
Dr. Johannes Karstensen (GEOMAR, FB1-Physikalische Ozeanographie)
jkarstensen@geomar.de
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811
jsteffen@geomar.de
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