10. November 2014 Global und regional – politische Strategien für den Schutz bedrohter Meere

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Die Ozeane sind eine tragende Säule für das ökologische Gleichgewicht der Erde. Doch fortschreitende Verschmutzung, der Run auf Ressourcen, die Zerstörung von Lebensräumen und die Folgen des Klimawandels gefährden die Meere. Die derzeitigen Governance-Strukturen reichen nicht aus, um sie zu schützen. Wie könnte der gesetzliche Rahmen gestärkt werden, vor allem auch für die Bereiche jenseits der nationalen Hoheitsgebiete? Welche Rolle sollen die Ozeane in  den universalen Zielen nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) spielen, die die UN im kommenden Jahr verabschieden will?

 

Wie können transparente Prozesse zu einer besseren Governance der Meere beitragen? Über diese und weitere Fragen haben  Wissenschaftler und Vertreter der Politik, internationaler Organisationen und NGOs  am 29. und 30. Oktober am IASS in Potsdam diskutiert und Strategien zum besseren Schutz der Meere entwickelt. Das IASS hatte den zweiten „Potsdam Ocean Governance Workshop: Entry Points to Sustainability“ gemeinsam mit UNEP, dem Bundesumweltministerium, IDDRI, sowie dem Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ an der Universität Kiel und dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel organisiert.

„Der Schutz der Ozeane kann nicht auf die lange Bank geschoben werden. 2015 kann und muss eine Wende vom Reden zum Handeln bringen“, sagte IASS-Exekutivdirektor Klaus Töpfer in seiner Einführung. Die UN-Mitgliedsstaaten wollen auf ihrem Gipfeltreffen im September die Post-2015-Agenda verabschieden. Zentraler Bestandteil wird eine Liste mit Zielen nachhaltiger Entwicklung sein, darunter eines für die Meere und Küsten. Zudem soll nächstes Jahr die Verhandlung eines neuen verbindlichen Abkommens unter dem Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) beschlossen werden. Auf diese Weise soll der Erhalt der biologischen Vielfalt in Gebieten jenseits nationaler Hoheitsgewässer, auf der „Hohen See“, erreicht werden.

Das Durchführungsabkommen sei von großer Bedeutung, doch müssten sich globale Regulierung und die Umsetzung auf regionaler Ebene sinnvoll ergänzen, forderte Heike Imhoff, Leiterin des Referates Meeresschutz im Bundesumweltministerium. „Meines Erachtens ist es nicht eine Frage von ‚global oder regional‘, sondern ganz klar von ‚global und regional‘.“ Ein gutes Beispiel regionaler Ansätze sei das OSPAR-Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks. In diesem wurde zwischen 2010  und 2012 ein erstes Netzwerk von Schutzgebieten auf der Hohen See eingerichtet.

Aus Anlass des 40-jährigen Bestehens des UNEP-Programms zum Schutz der regionalen Meere  luden UNEP und das Bundesumweltministerium im Rahmen des Workshops zu einem feierlichen Empfang ein. Im Rahmen dieses Meeresschutzprogramms sind derzeit 143 Länder an 18 regionalen Übereinkommen und Aktionsplänen beteiligt. Für große Meeresflächen – besonders für die 64 Prozent des Ozeans, die keiner nationalen Hoheitsgewalt unterliegen – gebe es jedoch noch keine hinreichenden Schutz-Maßnahmen, sagte Jan Dusik, UNEP-Regionaldirektor und Repräsentant für Europa. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf: „Wie beim Rio+20-Gipfel anerkannt wurde, gibt es  viele neue Probleme in Bezug auf die Gesundheit, die Produktivität und die Widerstandsfähigkeit des Ozeans. Dazu gehören der Klimawandel, die auf Ressourcen des Ozeans beruhende Ernährungssicherheit, Naturkatastrophen, die Folgen der Offshore-Exploration und -Förderung von Öl und Gas und die Nutzung von Energie aus dem Ozean.“ Diese Herausforderungen bestimmten die zukünftigen Aktivitäten des Programms zum Schutz der regionalen Meere.

Die in den Arbeitsgruppen mit Wissenschaftlern und politischen Vertretern erarbeiteten Lösungsvorschläge für einen besseren Schutz der Hohen See, für ein SDG für die Ozeane sowie Transparenz in der Regulierung von Aktivitäten wie dem Meeresbergbau sollen nun in die im kommenden Jahr anstehenden Entscheidungs- und Diskussionsprozesse eingebracht werden.  Um von der bloßen Zielformulierung auch zur Umsetzung von Politiken zu kommen, wurden unter anderem Empfehlungen für messbare Nachhaltigkeits-Indikatoren zum Beispiel für Fischer und Artenvielfalt gemacht und transparente Prozesse unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft entworfen.

Außerdem wurden Vorschläge für wichtige Teile des neuen verbindlichen Übereinkommens unter dem Dach des internationalen Seerechtsübereinkommens erarbeitet, darunter die Ausweisung und das Management von Meeresschutzgebiete auf der Hohen See. Da Verhandlungen und das Inkrafttreten neuer Übereinkommen erfahrungsgemäß viele Jahre dauern, standen im Mittelpunkt  auch Schutzmaßnahmen, die bereits heute möglich wären, vor allem durch regionale Abkommen und Institutionen. Sebastian Unger, Leiter des Forschungsbereichs Ocean Governance am IASS, zog abschließend ein positives Fazit: „Unser zweiter durch das IASS und seine Partner organisierter Potsdam Ocean Governance Workshop hat gezeigt, wie wichtig es ist Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in ein Boot zu holen. Nur gemeinsam können Antworten auf die komplexen internationalen Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung der Meere gefunden und vor allem umgesetzt werden.“

Links:
www.iass-potsdam.de/en/news-media/gallery/potsdam-ocean-governance-workshop-2014
Video von UNEP-Exekutivdirektor Achim Steiner zu Ocean Governance (in englisch,auf YouTube)

Kontakt:

Sebastian Unger, Scientific Coordinator IASS Potsdam
sebastian.unger@iass-potsdam.de