19. Januar 2015 Rasantes Ende der grünen Sahara

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Meeresforscher entdecken mögliche Verbindung zwischen Klimaänderung und menschlicher Entwicklung

In den vergangenen 9000 Jahren hat sich die Sahara von einer grünen Savanne zu einer der trockensten Wüsten der Erde entwickelt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Niederländischen Instituts für Meeresforschung (NIOZ) haben jetzt herausgefunden, dass die Vegetation während dieses Übergangs viel schneller aus der Sahara verschwand als bisher angenommen.

 

Die radikalen Umweltveränderungen gaben möglicherweise den Anstoß, dass die Menschen in Nordafrika sesshaft wurden. Die Studie ist jetzt im internationalen Open-Access Journal PLOS ONE erschienen.

Um zukünftige Entwicklungen des Klimas und der Umwelt prognostizieren zu können, muss die Wissenschaft entsprechende Prozesse in der Vergangenheit kennen. Das trifft auch auf das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt zu. Hierzu sind die Sahara und das Niltal besonders interessante Regionen. Dort haben sich in den vergangenen 10.000 Jahren, im sogenannten Holozän, einschneidende Klimaveränderungen abgespielt. Zu Beginn dieser Epoche waren die Niederschlagsmengen deutlich höher als heute. Die Sahara präsentierte sich als grüne Savanne, die von großen Wildtierherden bevölkert war. Heute gehört sie zu den trockensten Regionen der Erde.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Niederländischen Instituts für Meeresforschung (NIOZ) haben jetzt herausgefunden, dass sich die Vegetation bei diesem Übergang von einer grünen zu einer trockenen Sahara viel schneller zurückgezogen hat als bisher angenommen. „Es hat wohl nur wenige Jahrhunderte oder sogar nur Jahrzehnte gedauert, bis aus einer fruchtbaren Savannenlandschaft eine Wüste geworden war“, sagt Dr. Cecile Blanchet, Hauptautorin der Studie, die jetzt im internationalen Open Access Journal PLOS ONE erschienen ist.

Die grundlegende Ursache für den Klimawandel in Nordafrika zu Beginn des Holozäns war, dass sich der Afrikanische Monsun und der damit verbundene Regengürtel beständig nach Süden verlagerten. „Doch auch wenn dieser Prozess relativ gleichmäßig ablief, wissen wir von großen regionalen und zeitlichen Schwankungen der Auswirkungen in Nordafrika. Die Details des Übergangs verstehen wir bis heute nicht gut“, sagt Prof. Dr. Martin Frank, Paläo-Ozeanograph am GEOMAR und Co-Autor der Studie.

Um die Abläufe besser aufschlüsseln zu können, haben Dr. Blanchet und Professor Frank zusammen mit Professor Stefan Schouten vom NIOZ einen sechs Meter langen Sedimentkern analysiert, der mithilfe des Kieler Forschungsschiffs POSEIDON vor dem Nildelta im Mittelmeer in 700 Metern Wassertiefe gewonnen wurde. Mit einer Kombination verschiedener geochemischer Methoden konnten sie in dem Kern unter anderem Spuren der ehemaligen Vegetation und erodierter Böden finden, die vom Nil im Laufe der Jahrtausende ins Mittelmeer geschwemmt worden waren. So konnten sie hochauflösend den Pflanzenwuchs, die Niederschläge, die abfließenden Wassermengen sowie die Erosion im Einzugsbereich des Nils während der vergangenen 9.500 Jahre rekonstruieren.

Die Auswertung dieser Analysen zeigen einen drastischen Rückgang der Vegetation vor rund 8000 Jahren, während die Wassermengen des Nils und damit die Niederschläge in dessen Einzugsgebiet wie erwartet nur einen langsamen, kontinuierlichen Rückgang zeigen. „Hier hatte offensichtlich ein langfristiger klimatischer Prozess sehr kurzfristige, deutliche Auswirkungen, nachdem eine bestimmter Schwellenwert überschritten war“, sagt Dr. Blanchet.

Die Ergebnisse sind deshalb spannend für die Wissenschaftler, weil sich im weiteren Einzugsgebiet des Nils im gleichen Zeitraum auch wichtige Schritte der menschIichen Entwicklung vollzogen haben. „Deshalb ist es wichtig, den präzisen Ablauf des Übergangs von einer relativ feuchten zu einer extrem trockenen Umgebung zu kennen, um das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt einordnen zu können“, betont Co-Autor Professor Schouten.

Die schnelle Veränderung der Vegetation hat die Menschen möglicherweise gezwungen, ihre Lebensweise als Jäger und Sammler aufzugeben, weil die natürliche Nahrungsgrundlage nicht mehr breit genug war. „Stattdessen war es vermutlich ein Vorteil, Vieh zu domestizieren beziehungsweise Ackerbau zu betreiben“, sagt Dr. Blanchet. Letztendlich hat die schnelle Wüstenbildung wohl dazu beigetragen, dass die Menschen ins fruchtbare Niltal auswichen, wo schließlich die Hochkultur des ägyptischen Pharaonenreichs entstand.

„Natürlich müssen diese Beziehungen zwischen menschlicher Entwicklung und Klimaveränderungen noch weiter untersucht werden. Aber mit unseren Ergebnissen haben wir auf jeden Fall starke Indizien dafür, dass selbst ein langsam ablaufender Klimawandel schnelle und dramatische Umweltveränderungen auslösen kann. Das ist nicht nur mit Blick auf die Geschichte der Menschheit interessant, sondern auch für die Zukunft eine wichtige Erkenntnis“, so Dr. Blanchet.

Originalarbeit:
Blanchet, C. L., M. Frank, S. Schouten (2014): Asynchronous Changes in Vegetation, Runoff and Erosion in the Nile River Watershed during the Holocene. PLOS ONE,  http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0115958

Kontakt:

Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811
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