Seit Jahrzehnten vermutet man hier submarine Methanaustritte. Trotz intensiver Untersuchungen konnten diese bisher jedoch nie eindeutig als natürliches Phänomen flächenhaft nachgewiesen werden. Einem internationalen Team unter der Leitung von Dr. Jens Schneider von Deimling vom Institut für Geowissenschaften an der Uni Kiel ist es nun zum ersten Mal gelungen, mehrere tausend Methangasaustritte in weiten Teilen der Eckernförder Bucht – auch abseits von Pockmarks – aufzuzeigen. Die Ergebnisse sind kürzlich im Online-Fachjournal Scientific Reports erschienen.
Methan gehört zu den stärksten Treibhausgasen der Atmosphäre und steht damit im Verdacht, den Klimawandel entscheidend zu beschleunigen. Bisher ließen sich die Methanquellen eher in größeren Wassertiefen am Kontinentalhang nachweisen. Dort werden die Methangasaustritte in der Regel durch die Wassersäule effizient abgepuffert. Während des Transports an die Wasseroberfläche wird ein Großteil des Methans gelöst und durch Mikroben abgebaut.
Paradoxerweise lassen sich im küstennahen und damit flacheren Gebieten solche Gasaustritte deutlich schwieriger aufdecken, obwohl im Flachwasser Gasblasen den Großteil ihres Methans vom Meeresboden bis an die Wasseroberfläche fördern, ohne dabei vollständig in der Wassersäule aufgelöst zu werden. Küstenregionen können daher auf diese Weise substantiell zum globalen Methanausstoß beitragen.
Die Eckernförder Bucht, ein Seitenarm der Kieler Bucht mit nur bis zu 30 Metern Wassertiefe, wird seit den 50er Jahren intensiv beforscht. Dabei wurden auch immer wieder submarine Methangasaustritte vermutet. Bisher konnte ein eindeutiger Nachweis von großflächigen Entgasungsereignissen jedoch nicht erbracht werden. Die Kieler Forschenden haben für ihre Studie daher eine Reihe hydroakustischer Messungen in der Eckernförder Bucht vorgenommen, mit deren Hilfe sie den Methanaustritten durch angepasste Mess-Strategien auf die Spur kommen wollten. Dabei haben sie sich im Schneckentempo auf die Lauer gelegt, um die aufsteigenden Gasblasen in der Wassersäule über hochfrequente Sonare nachzuweisen. Die während der Expedition stürmischen Witterungsverhältnisse erschwerten zwar auf der einen Seite die hochauflösenden Messungen. Gleichzeitig gelten Schlechtwetterphasen wie starke oder stürmische Winde aber auch als ein möglicher Auslöser für die Methanaustritte.
Dank dieser idealen Bedingungen konnten die Forschenden erstmalig flächendeckend nachweisen, dass großflächige natürliche Methanaustritte in der Eckernförder Bucht primär während Schlechtwetterphasen zu erwarten sind. Zudem konnten sie aufzeigen, dass vor allem Event-basierte Messstrategien zum Erfolg führen, wenn Standard-Messstrategien einen Nachweis nicht erlauben. In Zukunft können daher solche Event-basierten Untersuchungen mit dem neuen Flachwasserboot der Universität Kiel, der MS Zostera, dank kurzer Mobilisierungszeiten flexibel durchgeführt werden.
Die großflächige Verteilung der Methanaustritte in der Eckernförder Bucht während des Untersuchungszeitraums zeigt zudem weiter, dass in zukünftigen Studien verstärkt die gesamte Fläche des Untersuchungsgebietes einbezogen und weniger nur punktuell einzelne ‚Hot Spots' wie die Eckernförder Pockmarks abgefahren werden sollten. Mit Blick auf weitere Sauerstoffverarmung, steigende Temperaturen, zunehmende Stratifizierung und abnehmende Durchmischung der Weltmeere nehmen die Kieler Forschenden an, dass die Ausdehnung globaler Flachgasvorkommen und die damit einhergehende Zahl submarine Methanaustritte zukünftig zunehmen wird.
Originalarbeit
Lohrberg, A., Schmale, O., Ostrovsky, I., Niemann, H., Held, P., Schneider von Deimling, J. (2020). Discovery and quantification of a widespread methane ebullition event in a coastal inlet (Baltic Sea) using a novel sonar strategy. Scientific Reports, 10(1), (2020)1-13.
https://doi.org/10.1038/s41598-020-60283-0
Wissenschaftliche Kontakte:
Jens Schneider von Deimling, jens.schneider@ifg.uni-kiel.de
Arne Lohrberg, arne.lohrberg@ifg.uni-kiel.de
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Presse-Material
Aufsteigende Methan-Gasblasen in der Eckernförder Bucht. Links: Aufzeichnung eines Multibeam-Sonars einzelner Gasblasen sowie Ketten von Gasblasen; einzelne Fische und die Pycnokline sind deutlich erkennbar. Rechts: Unterwasseraufnahme von Ketten aufsteigender Gasblasen, welche sich vom Boden gelöst haben.
Copyright: Schneider von Deimling/Lohrberg, Uni Kiel