Das kooperative Brettspiel COLLAB, das sowohl analog als auch digital funktioniert, soll einen spielerischen Austausch ermöglichen. Reflexions-, Diskussions- und Ereigniskarten, die auf einem Spielfeld verteilt werden, sorgen für einen Perspektivwechsel. Von „Welches ist Dein wissenschaftliches Lieblingswerkzeug und warum?" über „Wie wird in Deinem Fach die Rolle von Wissenschaft in der Gesellschaft diskutiert?" bis hin zu „Das Labor fliegt in die Luft. Gehe 3 Felder zurück" sind die Fragen und Spielanweisungen dabei mal humorvoll, mal ernsthaft formuliert. Das Spielziel ist, die Kommunikation zwischen den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu verbessern und Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten sichtbar zu machen. „Gerade zu Beginn eines interdisziplinären Projekts oder Antrags sollten wir uns Zeit nehmen, die anderen Disziplinen und ihre unterschiedlichen Arten, Wissenschaft zu betreiben, kennenzulernen. Das macht Spaß, ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit und verhindert später viele Missverständnisse. Und wir lernen auch ganz viel über unsere eigenen Fachkulturen", sagt Silja Klepp.
Von der Betaphase zum fertigen Brettspiel
In der Betaphase wurde das Spiel zunächst von Universitätsmitgliedern und ausgewählten Forschungsgruppen getestet. So hat beispielsweise Dr. Tanja Bogusz, Professorin für Soziologie sozialer Disparitäten an der Uni Kassel, COLLAB für den von ihr geleiteten Workshop „Doing Biodiversity. Experimentelle Wissenstransformationen für nachhaltige Zukünfte" an der Universität Hamburg genutzt. Zum Einsatz kam das Spiel bei sogenannten fächerübergreifenden Lernkabinetten, die zum Ziel hatten, die Teilnehmenden, die auf verschiedenen Fachgebieten zur Biodiversität forschen, in die gemeinsame Diskussion zu bringen. „Die Fragen waren sehr anregend für den interdisziplinären Austausch. Alle fühlten sich eingeladen, ganz konkret von ihrer eigenen Arbeit zu berichten. So wurden Methoden und Herausforderungen in den verschiedenen Disziplinen rasch deutlich. Es war toll, dass wir sehr schnell ins gemeinsame Nachdenken gekommen sind – auch dank COLLAB in einer sehr offenen, freundlichen Form."
Optisch orientiert sich das Spiel an der Bauhaus-Ästhetik. Eine Designschule, die traditionell interdisziplinär arbeitet. „Während des Spielens entsteht eine visuelle Repräsentation des Spielablaufs, welche die Spielenden später an den Austausch erinnert. Diese sieht nach jedem Spieldurchlauf anders aus – so wie interdisziplinäre Forschung immer anders aussieht", erklärt Johanna Barnbeck und fügt hinzu: „Uns war es wichtig, auch die künstlerische und wissenschaftliche Zusammenarbeit voranzubringen. Hier liegt noch viel Potenzial und das gegenseitige Wissen um Fachkulturen und Methoden ist häufig gering. COLLAB ermöglicht eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe." Das Spiel wird auf Deutsch und Englisch als Open Source Version bereitgestellt, wahlweise als Druckpaket oder als Onlineversion, die mithilfe von frei verfügbaren Webtools angelegt werden kann. Eine klimaneutral produzierte, farbige Version aus Karton kann auf der Projekt-Website vorbestellt werden.
Umgesetzt wurde das Spielprojekt mit Unterstützung der CAU, der Initiative DenkRaum, der Berliner Agentur Spread the Nerd und des CAU Forschungsschwerpunkts Kiel Marine Science (KMS).
Manifest für gute interdisziplinäre Zusammenarbeit
Der Wunsch der beiden Macherinnen ist es, dass COLLAB auch einen Paradigmenwechsel in der interdisziplinären Forschung anregen könnte. Deshalb haben Sozialwissenschaftlerin Silja Klepp und Kulturanalytikerin Johanna Barnbeck dem Spiel ein Manifest für gute interdisziplinäre Kooperationen vorangestellt, das vor allem auf ihren eigenen Erfahrungen beruht. Von der Bereitschaft, Zeit zu investieren über Mut, Vertrauen und Erwartungen bis hin zu den finanziellen Ressourcen werden darin die wichtigsten Faktoren einer fächerübergreifenden Projektarbeit reflektiert. Darin heißt es beispielsweise: „Interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert Mut, weil sie zunächst mehr Unsicherheit hervorbringt als disziplinäre Forschung. Wie schaffen wir dauerhaft eine einladende und versichernde Atmosphäre, die neugierig aufeinander macht?" Ziel ist es dabei auch, Arbeits- und Projektgruppen zu einem diskriminierungsfreien Raum zu machen. Silja Klepp: „Interdisziplinäre Arbeit kann nervig sein oder viel Spaß machen. COLLAB hilft dabei, ins Gespräch zu kommen und die gemeinsame Reflektion der Strukturen und Disziplinen voranzutreiben. Dies ist zentral für eine erfolgreiche und spannende Zusammenarbeit."
Kontakt
Prof. Dr. Silja Klepp
Geographisches Institut
klepp@geographie.uni-kiel.de
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