Die Entstehung des Minerals Dolomit gibt der Forschung bis heute Rätsel auf. Wissenschaftler des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ und des GEOMAR | Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben jetzt zusammen mit Kollegen aus der Schweiz und Spanien gezeigt, dass Bakterien die Bildung von Dolomit ermöglichen können. Die Studie ist online in der internationalen Fachzeitschrift „Geology“ erschienen.
Nicht nur in den Dolomiten, sondern weltweit ist Dolomit ein häufig auftretendes Gestein. Es besteht zu über 90 Prozent aus dem gleichnamigen Mineral Dolomit. Erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde es bereits im 18. Jahrhundert. Aber wer hätte gedacht, dass die Bildung dieses Minerals bis heute noch nicht vollständig geklärt ist, obwohl Geologen große Ablagerungen des direkt (primär) gebildeten Minerals Dolomit aus den vergangenen 600 Mio. Jahren kennen. Der Prozess der primären Dolomit-Bildung kann heute aber nur in extremen Ökosystemen wie zum Beispiel bakteriellen Matten in stark salzhaltigen Lagunen und Seen dokumentiert werden. „Da diese Systeme räumlich sehr beschränkt sind, gibt es für Geologen eine Erklärungslücke für das weitverbreitete Vorhandensein fossilen Dolomits“, erklärt Dr. Stefan Krause, Geomikrobiologe am GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Ein Team von Biologen und Geochemikern, die gemeinsam im Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ forschen, haben nun in Zusammenarbeit mit Kollegen von der ETH Zürich und des Centro de Astrobiología in Madrid ein wenig Licht ins Dunkel dieses wissenschaftlichen Rätsels gebracht. Ihre Erkenntnisse sind vorab in der online-Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift „Geology“ erschienen.
In einfachen Laborversuchen mit Bakterien, die Schwefelverbindungen statt Sauerstoff zur Energiegewinnung nutzen (Sulfatatmung) und in marinen Sedimenten global verbreitet sind, konnten die Wissenschaftler die Bildung primärer Dolomitkristalle unter Bedingungen nachweisen, wie sie heute im Meeresboden herrschen. „Das Dolomit fällt ausschließlich innerhalb von Schleimen aus, welche die Bakterien absondern, um Biofilme auszubilden“, berichtet Dr. Stefan Krause, für den diese Studie ein wichtiger Teil seiner Doktorarbeit darstellte. „Innerhalb des Biofilms herrschen andere chemische Verhältnisse als im umgebenden Wasser. Insbesondere spielt hier das veränderte Verhältnis von Magnesium zu Kalzium eine große Rolle. Diese Änderungen ermöglichen die Bildung von Dolomitkristallen“.
Darüber hinaus hat die Studie noch weitere Einblicke geliefert. „Wir konnten nachweisen, dass sich das Verhältnis verschiedener Kalziumisotope zwischen Umgebungswasser, Biofilm und Dolomitkristallen unterscheidet“, erklärt Dr. Volker Liebetrau vom GEOMAR. „Dieses Verhältnis ist für uns ein wichtiges Hilfsmittel zur Rekonstruktion vergangener Umweltbedingungen. Die Tatsache, dass Bakterien in diesen Prozess involviert sind, ermöglicht präzisere Interpretationen von Klimasignalen, die in Gesteinen gespeichert sind.“
Der Nachweis der primären Dolomitbildung durch einen so weit verbreiteten Prozess wie die mikrobielle Sulfatatmung unter Bedingungen, wie sie aktuell im Meeresboden herrschen, gibt neue Einblicke in die Rekonstruktion fossiler Dolomitablagerungen. Doch warum werden solche Ablagerungen von primärem Dolomit heutzutage nicht mehr großflächig im Meeresboden gebildet? „Hier stehen wir immer noch vor einem Rätsel“, erläutert Professor Tina Treude, Leiterin der Arbeitsgruppe am GEOMAR. „Eine Möglichkeit wäre, dass sich massive primäre Dolomite hauptsächlich dann im Meeresboden bilden können, wenn besonders viel organisches Material im Meeresboden von sulfatatmenden Bakterien abgebaut wird. Solche Bedingungen sind gegeben, wenn das Meerwasser über dem Meeresboden frei von Sauerstoff ist. In der Erdgeschichte gab es mehrere solcher sauerstofffreien Perioden im Meer, die teilweise im zeitlichen Einklang mit der Ablagerung von Dolomiten stehen.“
Originalarbeit:
Krause, S., V. Liebetrau, S. Gorb, M. Sánchez-Román, J.A. McKenzie, T. Treude, 2012: Microbial nucleation of Mg-rich dolomite in exopolymeric substances under anoxic modern seawater salinity: New insight into an old enigma. Geology, dx.doi.org/10.1130/G32923.1
Links:
Bildmaterial:
Unter www.geomar.de/n754 steht Bildmaterial zum Download bereit.
Kontakt:
Prof. Dr. Tina Treude (GEOMAR, FB2-Marine Geosysteme), Tel.: 0431 600 2837, ttreude@geomar.de, www.geomar.de/~ttreude
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, jsteffen@geomar.de
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