21. August 2015 Der Klimageschichte auf der Spur



Kieler Meeresforscher erkunden die Labradorsee zwischen Grönland und Kanada mit dem Forschungsschiff Maria S. Merian

2500 Meilen Fahrtstrecke, mehr als 250 Meter Sedimentkerne und noch ungezählte Daten. In den vergangenen drei Wochen haben Fahrtleiter Professor Ralph Schneider von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und sein internationales Forscherteam zahlreiche Sedimentkerne, Plankton- und Wasserproben entnommen.

 

Am 21. August endet die Expedition MSM-45 des deutschen Forschungsschiffes „Maria S. Merian“, die Wissenschaftler aus Deutschland, Dänemark, Peru und Kanada durch die Labrador See zwischen Grönland und Kanada führte. Aus den Erkenntnissen der entnommenen Sedimentkerne können sie nun die gesamte Klimageschichte der Labradorsee für die vergangenen 25.000 Jahre vollständig dokumentieren, mit aktuellen Beobachtungen vergleichen und damit Rückschlüsse auf die heutigen Klimaveränderungen ziehen.

Die Labrador See ist eines der wichtigen Randmeere in subpolaren Klimazonen. Sie liegt zwischen Grönland und der Nordostküste von Kanada. Die Tiefenwasserbildung in dieser Region gilt als Stabilisator der nordatlantischen thermohalinen Zirkulation, die mit dem Nordatlantikstrom warmes Wasser nach Norden transportiert und somit einen entscheidenden Einfluss auf das gemäßigte Klima in Nordeuropa und Nordamerika hat. Entscheidend für die Tiefenwasserbildung ist die Süß- und Salzwasserbalance in der Labradorsee. Wird diese aus dem Gleichgewicht gebracht, beispielsweise durch ein schnelleres Abschmelzen der Gletscher Grönlands, kann der Nordatlantikstrom geschwächt werden und sich das Klima in den mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel abkühlen.

Ziel der Forschungsexpeditionen MSM-45 ist es daher, ein besseres Verständnis über den Einfluss von großen Süßwasserzuflüssen auf das globale Förderband zu erhalten. Dafür werden Sedimentschichten untersucht, die Aufschluss geben über Zeiten mit extremen natürlichen Klimaschwankungen. Diese sind zum Beispiel am Übergang zwischen der letzten Eiszeit (vor 25.000 Jahren) und der heutigen Warmzeit aufgetreten. Deren Daten werden anschließend mit heutigen Beobachtungen verglichen.

Aus den Echolot-Daten der bordeigenen hydroakustischen Vermessungssysteme werden dazu detaillierte Karten und Profile der obersten Sedimente erstellt, um an Orten mit Sedimenten der jüngsten Erdgeschichte, dem Holozän, hochauflösende Sedimentkerne als Klimaarchive in der Labrador See zu gewinnen. Es gibt nur wenige Stellen auf den Schelfen und Kontinentalhängen, an denen holozäne Sedimente mit einer Dicke von mehreren Metern, die Ablagerungen der letzten Eiszeit und der Abschmelzphase der Eisschilde vor der heutigen Warmzeit überdecken. Die Herausforderung der Expedition bestand deshalb in der intensiven Kartierung des Meeresbodens und der Auffindung sowie Beprobung der wenigen existierenden ungestörten Ablagerungen der heutigen Warmzeit. Nur anhand dieser Sedimente kann es – nach Rückkehr der Proben in die Kieler Labore - gelingen, paläoozeanographischen Veränderungen in der Labrador See für die vergangenen 25.000 Jahre detailliert zu rekonstruieren.

„Es gibt nur wenige Stellen auf den Kontinentalhängen und Schelfen Westgrönlands und Nordost-Kanadas, die sich für die Probenentnahme eignen. Nach einer intensiven Kartierung konnten wir aber rund 250 Meter Sedimentkerne gewinnen, die nach ersten Einschätzungen von hervorragender Qualität sind und uns Aufschluss über die Klimageschichte der vergangenen 25.000 Jahre geben können“, zeigt sich Fahrtleiter Ralph Schneider vom Institut für Geowissenschaften an der Universität Kiel und Co-Sprecher des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ sehr zufrieden über den ersten Erfolg der Expedition.

Die Forschungsexpedition MSM 45 endet am 21. August 2015 mit dem Einlaufen der MARIA S. MERIAN in den Hafen der kanadischen Küstenstadt Halifax und einer öffentlichen Open Ship-Veranstaltung. Gemeinsam mit der Dalhousie Universität in Halifax gibt das Forscherteam Einblick in das Leben und Arbeiten an Bord der Maria S. Merian. Die Expedition mit dem Forschungsschiff ist ein Bespiel für die gelungene internationale Kooperation der Kieler Meereswissenschaften an der Christian-Albrechts Universität zu Kiel mit der kanadischen Universität. Seit 2012 verbindet darüber hinaus das deutsch-kanadische Graduiertenprogramm HOSST / TOSST beide Länder. Getragen von den beiden Universitäten und dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel erforschen Doktorandinnen und Doktoranden gemeinsam das komplexe System des Nordatlantiks. Nachwuchsforscher aller drei international renommierten Meeresforschungseinrichtungen waren mit an Bord der Reise. Über ihre Erfahrungen berichten sie in einem Expeditionsblog auf dem Blogportal der Kieler Meereswissenschaften unter www.oceanblogs.org/msm45

Links:
www.oceanblogs.org/msm45 (Reiseblog der MSM-45)
www.futureocean.org (Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“)
www.ldf.uni-hamburg.de/merian/wochenberichte.html Die Wochenberichte der MSM45
www.dal.ca/faculty/science/about/Outreach/open_ship.html Open Ship Halifax
www.geomar.de/de/studieren/phd/hosst/about-us-aim Über das Graduiertenprogramm HOSST/TOSST

Kontakt

Professor Dr. Ralph Schneider, Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
schneider@gpi.uni-kiel.de


Friederike Balzereit, Öffentlichkeitsarbeit, Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“, Telefon: 0431-880-3032
fbalzereit@uv.uni-kiel.de